Die zehn interessantesten Fakten über unser Gehirn


Hier sind zehn faszinierende Fakten, die Neurowissenschaftler über unsere „Schaltzentrale“ herausgefunden haben1:

  1. Das Gehirn wiegt durchschnittlich 1,4 Kilogramm. Doch obwohl es nur etwa zwei Prozent des Körpergewichts ausmacht, benötigt es 20 bis 25 Prozent der gesamten Energie. Die verbraucht es unabhängig davon, ob wir gerade angestrengt nachdenken, unsere Gedanken treiben lassen oder schlafen.
  2. Unser Gehirn ist das fettreichste Organ in unserem Körper. Über die Hälfte seiner Masse besteht aus Fett.
  3. Anders als ein Muskel kann das Gehirn keine Fettsäuren zur Energiegewinnung verwerten; es ist auf die Zufuhr von Glukose angewiesen. Von diesem Zucker benötigt das Gehirn circa 130 Gramm pro Tag als Brennstoff.
  4. Nach aktuellen Schätzungen enthält unser Gehirn 86 Milliarden Nervenzellen (Neuronen). Das sind zehn Mal mehr, als Menschen auf der Erde leben. Jede Nervenzelle ist über durchschnittlich 1.000 Kontaktstellen (Synapsen) mit anderen Nervenzellen verbunden.
  5. An den Synapsen setzen die meisten Nervenzellen Signalmoleküle frei, sogenannte „Neurotransmitter“. Diese Botenstoffe werden von Rezeptoren (Signalempfänger) auf der gegenüberliegenden Synapse erkannt und bewirken dort ein elektrisches Signal. Auf diese Weise werden Impulse von einer an die andere Zelle weitergeleitet.
  6. Die elektrochemischen Impulse erreichen im Nervensystem Geschwindigkeiten bis zu 200 Metern pro Sekunde – das entspricht 720 Stundenkilometer – der Reisegeschwindigkeit einer Boeing.
  7. Vier Fünftel unserer Nervenzellen (Neurone) befinden sich nicht etwa in unserem Großhirn, sondern sind im Kleinhirn angesiedelt. Dort sind sie für die Koordination, Feinabstimmung, unbewusste Planung sowie das Erlernen von Bewegungsabläufen verantwortlich.
  8. Ein weiterer wichtiger Zelltyp im Gehirn sind die Gliazellen. Diese bilden – vergleichbar mit der Isolationsschicht eines Elektrokabels – sogenannte Myelinscheiden um die Neuronen. Gliazellen sind außerdem an der Blut-Hirn-Schranke beteiligt, die dafür zuständig ist, dass nur bestimmte Stoffe ins Gehirn hineingelangen. Somit schützen Sie das Gehirn vor unerwünschten Stoffen.
  9. Das menschliche Gehirn spürt keine Schmerzen, denn es hat keine Schmerzrezeptoren. Operationen am Gehirn sind daher ohne Betäubung schmerzfrei möglich. Von uns empfundene Kopfschmerzen entstehen hingegen in den Blutgefäßen der Hirnhaut.
  10. Im Gehirn werden zeitlebens neue Nervenzellen und Synapsen gebildet. Daher ist unser Gehirn in der Lage, bis ins hohe Alter Neues zu lernen.

Aufbau und Funktionsweise unseres Gehirns


Es gibt wohl kein Organ des menschlichen Körpers, das so komplex ist wie das Gehirn. Forscher versuchen zu ergründen, wie Sinnesreize im Gehirn verschlüsselt werden und wie die 86 Milliarden Nervenzellen miteinander agieren. Doch bislang wissen sie erst wenig darüber, wie das Netzwerk an Neuronen Informationen verarbeitet und sich eigenständig organisiert.

Auf wichtige Fragen, zum Beispiel nach dem Sitz unserer Persönlichkeit oder wie das Gehirn bestimmte Aufgaben bewältigt, beispielsweise eine Entscheidung trifft, gibt es bisher keine Antworten. Die anatomischen Hirnstrukturen, zu denen Großhirn, Kleinhirn, Hirnstamm und Zwischenhirn gehören, sind hingegen gut untersucht:

Von außen betrachtet, ähnelt das Gehirn mit seinen Falten und Vertiefungen einer Walnuss – nur viel größer. Etwa 80 Prozent nimmt das Großhirn ein, das aus zwei nahezu symmetrischen Hirnhälften (Hemisphären) besteht.

Ein Bündel von Nervenfasern (Corpus callosum oder Balken) verbindet die beiden Hälften. Die Großhirnrinde (Cortex cerebri) ist eine wenige Millimeter dünne graue Schicht, in der so komplizierte Prozesse wie Lernen, Denken und Sprechen gesteuert werden. Außerdem werden hier unsere Erinnerungen langzeitgespeichert.

Der Cortex umgibt die innere weiße Substanz (Substantia alba) des Großhirns. Anhand der Furchen und Falten des Cortex unterteilen Anatomen das Großhirn in mehrere Bereiche, unter anderem den Stirn- oder Frontallappen, den Scheitel- oder Parietallappen, den Hinterhaupts- oder Okzipitallappen, den Schläfen- oder Temporallappen. Jedem dieser Bereiche können bestimmte Funktionen zugeordnet werden.

So ist der Stirnlappen an der Planung und Ausführung von Bewegungen und Handlungen beteiligt. Auch für den Charakter und die Persönlichkeit spielt er eine wichtige Rolle. Im Scheitellappen befindet sich die Somatosensorik, eine Art Körperinformationszentrum. Zu dessen Aufgaben gehört es, uns über die Bewegungen und Empfindungen in unserem Körper zu unterrichten.

Im Hinterhauptslappen findet die Verarbeitung unseres Sehsinnes statt. Zu den bekanntesten Funktionen im Schläfenlappen zählt das Hören. Hierhin werden Schallsignale aus dem Ohr übermittelt und für uns in Töne und Geräusche „übersetzt“. Außerdem finden sich hier sogenannte „lexikalische“ Zentren, die mit der Erkennung geschriebener und gesprochener Worte zu tun haben.

Das Kleinhirn (Cerebellum) befindet sich unterhalb des Hinterhauptslappens. Es ist nach dem Großhirn der zweitgrößte Teil unseres Gehirns. Das Kleinhirn ist im Wesentlichen verantwortlich für unsere Motorik, das heißt für Gleichgewicht, Bewegungen und deren Koordination.

Der Hirnstamm ist recht klein, aber überlebenswichtig: Hier ist die Schaltzentrale für Herzfrequenz, Blutdruck und Atmung. Auch der Schlaf wird von hier aus reguliert. Für verschiedene Reflexe wie Lidschluss-, Schluck- und Hustenreflex ist der Hirnstamm ebenso verantwortlich. Dieser Teil des Gehirns ist evolutionär der Älteste: Es gibt kaum Unterschiede zwischen dem Hirnstamm von Menschen und Tieren.

Tief im Innern des Gehirns, zwischen Großhirn und Hirnstamm, liegt das Zwischenhirn. Hier befindet sich das Limbische System, das unter anderem als Informationsfilter fungiert, der entscheidet, welche Sinneseindrücke ins Bewusstsein vordringen. Die Relevanz von Informationen bewertet eine Struktur, die Mandelkern oder Amygdala genannt wird. Die Amygdala bekommt Signale aus sämtlichen Sinnessystemen und ist für die emotionale Einfärbung der Informationen zuständig.

Ein wichtiger Teil des Zwischenhirns ist der Hypothalamus. Dieser steht in direktem Kontakt mit der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) und verbindet das Hormon- mit dem Nervensystem.

Der Hypothalamus ist das wichtigste Steuerzentrum des vegetativen Nervensystems (auch autonomes Nervensystem; es reguliert automatisch ablaufende Vorgänge). Er regelt unter anderem Körpertemperatur und den Wasser- und Salzhaushalt. Aber auch Sexualtrieb, Schmerz- und Temperaturempfinden werden hier gesteuert.

Netzwerke – Organisationsprinzip im Gehirn

Hirnforscher haben die einzelnen Regionen des Gehirns kartiert und einige Funktionen zuordnen können. Doch wie die Hirnareale miteinander verschaltet sind und interagieren, ist weitestgehend unklar. Einigkeit besteht darin, dass Netzwerke – vergleichbar mit dem Internet – ein wichtiges Organisationsprinzip unseres Gehirns darstellen.

Die Dimensionen sind beeindruckend: Da jede Nervenzelle mit etwa 1.000 anderen in Verbindung steht, erreicht ein Signal in nur zwei Schritten insgesamt eine Million Neuronen. Rein rechnerisch ist daher kein Neuron mehr als vier Schritte von jeder anderen Nervenzelle entfernt.

Die Signalweiterleitung findet auf elektrischem und biochemischem Wege statt. Die an der Übertragung beteiligten Signalmoleküle nennen Experten auch Neurotransmitter oder kurz „Transmitter“.

Innerhalb des gigantischen Netzwerks findet unser Denken, Fühlen und Handeln statt. Das Geheimnis liegt im Zusammenwirken verschiedener neuronaler Netze in den einzelnen Hirnregionen. Manche dieser Netze sind genetisch festgelegt und bilden sich dauerhaft aus.

Andere bestehen nur für kurze Zeit. Gruppen von Netzwerken können überlappen, ihre Ausdehnung kann variieren. Auch kann ein einzelnes Neuron Teil verschiedener Netzwerke sein. Das erklärt, warum ein Gehirnort an mehreren Funktionen beteiligt ist. Fällt beispielsweise durch einen Schlaganfall die Sprache aus, kann diese Fähigkeit teilweise durch andere Regionen übernommen werden.

Erkrankungen des Gehirns


In vielen Lehrbüchern werden Erkrankungen des Gehirns danach unterschieden, ob es sich um neurologische oder psychiatrische Erkrankungen handelt. Diese Einteilung hat ursprünglich mit der Vorstellung zu tun, dass bei neurologischen Störungen Struktur und Funktion des Gehirns verändert sind, während bei psychiatrischen Erkrankungen ein „seelisches“ Problem vorliegt.

Demnach werden zu den neurologischen Erkrankungen unter anderem Schlaganfall, Multiple Sklerose, Morbus Parkinson und Epilepsie gezählt, während Depressionen oder Schizophrenie zu den psychiatrischen Erkrankungen gehören.

Heute lässt sich diese Trennung von neurologischen gegenüber psychiatrischen Erkrankungen nicht mehr aufrechterhalten. Zum Beispiel können bei der Parkinson-Krankheit als Frühsymptom Depressionen auftreten. Umgekehrt kann man auch bei Depressionen funktionelle und strukturelle Veränderungen im Gehirn nachweisen2. Fachleute sprechen daher statt von psychiatrischen Erkrankungen heute von psychischen Störungen.

Wie verbreitet sind psychische Störungen?

Das Robert Koch-Institut (RKI) hat ermittelt, dass etwa ein Drittel der Bevölkerung auf das Jahr gerechnet eine oder mehrere klinisch bedeutsame psychische Störungen aufweist. Überraschenderweise sind junge Menschen am häufigsten davon betroffen3.Viele Menschen leiden gleich an mehreren psychischen Erkrankungen, zum Beispiel an Angsterkrankung und Depression.

Die Folgen können für den Betroffenen sehr belastend sein. So sind psychische Störungen auch der häufigste Grund für Krankschreibungen. Im Schnitt sind Arbeitnehmer in Deutschland 25 Tage im Jahr wegen einer psychischen Störung arbeitsunfähig – so lange wie bei keiner anderen Krankheit4.

Dieser Ratgeber widmet sich vor allem den kognitiven Störungen wie Demenz und Schizophrenie sowie den affektiven Störungen, zu denen die bipolare Störung und die Depression zählt.

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Quellen anzeigen
  • 1https://www.dasgehirn.info
  • 2Bonhoeffer T, Gruss P (Hrsg.). Zukunft Gehirn. Verlag CH Beck; München, 2011.
  • 3Robert Koch-Institut: Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1) 2012. Erhältlich hier.
  • 4Fehlzeiten-Report 2015 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK. Erhältlich hier.