Medikamentöse Therapie bei Agitiertheit


Damit sich der Patient rasch beruhigt und weder sich noch andere gefährden kann, erhält er eine medikamentöse Therapie. Je nach Patientenalter, Ursache und Ausprägung des Erregungszustandes kommen dabei unterschiedliche Arzneimittel – einzeln oder in Kombination – zum Einsatz. Folgende Medikamentengruppen können bei Agitiertheit wirksam sein:

  • Antipsychotika der 1. Generation (»Typische Neuroleptika«) (zum Beispiel Haloperidol, Melperon, Pipamperon, Promethazin)
  • Antipsychotika der 2. Generation (»Atypische Neurolpeptika«) (zum Beispiel Aripiprazol, Loxapin, Olanzapin, Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon)
  • Sedativa (Tranquilizer oder Beruhigungsmittel) (zum Beispiel Benzodiazepine, wie Diazepam, Lorazepam, Midazolam, Oxazepam)

Gelegentlich setzen Ärzte in besonderen Fällen, zum Beispiel bei Unverträglichkeiten gegenüber den oben genannten Arzneimitteln oder in Kombination mit diesen, auch folgende Medikamente ein:

  • Beruhigende Antidepressiva (zum Beispiel Mirtazapin, Trazodon)
  • Hypnotika (Schlafmittel, zum Beispiel Clomethiazol, Zolpidem, Zopiclon)
  • Antiepileptika (Mittel gegen Krampfanfälle, zum Beispiel Carbamazepin, Valproinsäure)

In Abhängigkeit vom Krankheitsbild, dem individuellen Gesundheitszustand und möglicherweise den Vorerfahrungen des Patienten mit einem Medikament, trifft der Arzt die Entscheidung über die Akuttherapie.1 Bei manchen Patienten reicht eine einmalige oder kurzzeitige Gabe eines oder mehrerer akut wirksamer Medikamente zur Beruhigung. Andere werden für einige Wochen therapiert.

Benzodiazepine sollten in der Regel nach circa vier bis sechs Wochen abgesetzt werden, da sonst das Risiko der Abhängigkeit besteht. Bei Antipsychotika und Antidepressiva besteht dagegen keine Suchtgefahr. Wenn Sie dennoch Bedenken in Bezug auf die Medikation haben oder Fragen dazu haben, sprechen Sie den behandelnden Arzt darauf an. Er wird Ihre Bedenken ernst nehmen und Ihnen die Akuttherapie erläutern.

Wie werden die Medikamente gegen Agitiertheit verabreicht?


Je nach Zustand des Patienten und abhängig von der Substanz können die Medikamente in unterschiedlichen Darreichungsformen verabreicht werden, zum Beispiel als

  • Tabletten oder Tropfen (oral)
  • Schmelztabletten (sublingual, buccal)
  • Subkutane Injektion (Spritze unter die Haut)
  • Intramuskuläre Injektion (Spritze in einen Muskel)
  • Intravenöse Injektion (Spritze in eine Vene)
  • Inhalation (der Wirkstoff wird eingeatmet und über die Lunge aufgenommen)

Das erste Psychopharmakon, das inhaliert werden kann, ist in Deutschland erst seit 2013 auf dem Markt. Es handelt sich dabei um das Antipsychotikum Loxapin. Es wird zur Akutbehandlung leichter bis mittelschwerer Agitation bei Patienten mit Schizophrenie oder bipolarer Störung eingesetzt. Allerdings darf es nur in einem Krankenhaus-Umfeld und unter Aufsicht von medizinischem Fachpersonal angewendet werden.

Welche Vorteile hat die Inhalation?


Agitierte Patienten sind oft nicht kooperativ. Sie haben nicht das Gefühl krank zu sein und fühlen sich vielleicht sogar von den Angehörigen hintergangen, die in ihrer Not die Einlieferung in eine Klinik veranlasst haben. In solchen Fällen ist die Gabe von Tabletten oft nicht möglich. Eine Spritze wollen sich Patienten in dieser Situation auch nicht immer freiwillig geben lassen.

Mann inhaliert ein Medikament gegen seinen akuten Erregungszustand. Die Inhalation eines Neuroleptikums bei Agitiertheit kann eine
Alternative zur Injektion sein.

Auf Fixierung und Zwangsmedikation versuchen die meisten Ärzte nach Möglichkeit zu verzichten. Das Vertrauen des Patienten kann durch ein derartiges Vorgehen nachhaltig gestört werden, was wiederum den weiteren Therapieverlauf negativ beeinflussen kann. Die inhalative Medikamentengabe ist daher eine gute Alternative zur Spritze. Nur ein tiefer Atemzug – wie an einer Zigarette – und das Verhalten des Patienten kann sich innerhalb von zehn Minuten, vergleichbar schnell wie nach einer Injektion, wieder normalisieren.

Im Anschluss an die Akuttherapie wird der Arzt in der Regel eine weiterführende Behandlung der zugrunde liegenden psychischen Störung vorschlagen.

Mehr über die Behandlung der Schizophrenie erfahren Sie hier. Informationen zur Behandlung bei einer bipolaren Störung finden Sie hier.

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